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Ziele & Etappen | |||
Durch das unpublizierte Material von meheren Ausgrabungen ergibt sich die Gelegenheit, dem Verständnis dieser für die Geschichte Mitteleuropas prägenden Zeit näherzukommen, die Lücke in der Geschichte der Bearbeitungsgebietes zu verkleinern und zudem durch reichhaltiges Material Erkenntnis über das Alltagsleben zu erlangen. Im Zentrum der Arbeit stehen hierbei zahlreiche Fragenkomplexe, zu deren Lösung das einzigartige Kleinfundmaterial maßgeblich beiträgt. Besonders die einfache Keramik, die selten als Handelsware diente sondern zumeist ein persönliches Gut war, bietet hier umfassende Möglichkeiten. U.a. lässt sich bestimmen in welcher chronologischen Tiefe sich die Landnahme durch die Alamannen abspielte und welche kulturellen, naturräumlichen, ökonomischen und politischen Wechselwirkungen sie hatte. An dieser Stelle seien hier nur einige wichtige Punkte ausführlicher genannt. "Fundplätze und Funde"... Da der Forschungsstand im Arbeitsgebiet lückenhaft ist und bislang keine Zusammenstellung der mittlerweile über ein Dutzend Fundplätze existiert, ist es grundlegend alle vorhandenen Fundplätze aufzunehmen und das Fundmaterial nach klassichen Maßstäben aufzuarbeiten. Erst durch eine umfangreiche Vorlage des Befund- und Fundmaterials ist es absehbar, welche Fragenkomplexe inhaltlich erfasst werden können und wie weit die Interpretation reichen kann. Darum ist die Erfassung der Fundplätze und die umfassende Dokumentation der relevanten Befunde und Funde das vorrangige Ziel. ..."Filtern und Datieren"... Zudem ist es sehr wichtig das Fundmaterial zu Filtern. Das bedeutet, es muss trotz der - besonders bei der unverzierten freigeformten Keramik existierenden Schwierigkeiten - Probleme vorab zwischen vorgeschichtlichem und frühalamannischem Fundmaterial differenziert werden, damit am Ende eine geschlossene und deutliche Auswertung stehen kann. Da die bislang einzige sichere Methode für eine Trennung der Keramik die aufwendige Thermoluminiszenzdatierung wäre, diese aber im Rahmen Projekts nicht finanziert werden kann, gilt es andere Methoden zur Filterung zu nutzen. So existieren Analysen der Keramik, die auf makroskopischen Beobachtungen beruhen und aufgrund technischer Keramikmerkmale zumindet in der Tendenz eine Unterscheidung ermöglichen. Hervorzuheben ist hier beispielsweise eine ganz spezifische Oberflächenbehandlung und die Beigabe von hauptsächlich mineralischen Bestandteilen wie Quarz als Magerung. Darum ist es notwendig neben einer klassischen Aufnahme der Fundstücke ebenfalls eine akribische makroskopische Dokumentation der Fundstücke vorzunehmen, um am Ende tatsächlich nur frühalamannisches Keramikmaterial erfasst zu haben. Für den Erfolg dieser Methode sprechen mittlerweile einige Arbeiten, die deutlich die These von abweichenden Herstellungsmethoden zu verschiedenen vor- und frühgeschichtlichen Epochen bestätigen (W. Best 1990, Ch. Bücker 1999, D. Neubauer 2000). Nach dem Filtern ist es, wie bei allen archäologischen Arbeiten, das Ziel es durch das gefilterte Material eine schlüssige Chronologie zu erfassen, um die Fundplätze richtig einordnen zu können. Im Optimalfall lassen sich durch feinchronologische Arbeiten Besiedlungsphasen ausfindig machen und so kann eventuell für das Arbeitsgebiet die chronologische Stufengliederung verfeinert werden. Letzteres bleibt allerdings abhängig vom Erhaltungsgrad der Befunde und Funde. ..."Ethnogenese"... Das Einzugsgebiet der Elbe. Es kann tatsächlich grob als Umriss des archäologisch nachweisbaren Siedlungsgebietes der Elbgermanen genommen werden
Ein wichtiger Aspekt ist die Ethnogenese der Alamannen. Es ist immernoch sehr schwierig diesen Prozess zu erfassen, da hier offenbar viele unterschiedliche Faktoren zur Entstehung der Alamannen im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. geführt haben, die freilich alleine durch archäologisches Material kaum sichtbar werden. Dennoch lässt sich durch das eine oder andere Fundstück verdeutlichen, welche kulturellen Wurzeln die Alamannen hatten und in welche Regionen Germaniens Kontakte bestanden. Heute zeigen viele Funde, wie die freigeformte Keramik oder einige Trachtbestandteile, aber auch einige soziale Phänomene, wie die Körperbestattung und die Prunkgräber, eine Verknüpfung in Gebiete im Inneren Germaniens. Im Detail existieren gleich mehrere Regionen, zu denen offenbar eine Verbindung bestand.
2. Oder-Warthe-Germanen: Nach den archäologischen Zeugnissen zu urteilen lebten diese Germanen in Regionen entlang der Oder bis hin zur Warthe. Im Westen gibt es eine Überscheidnung innerhalb der elbgermanischen Kultur. Im Osten schließt die Gruppe weite Teile Polens und Nordtschechiens mit ein, wo man sie "Przeworsk-Kultur" nennt. In der Regel werden diesem Kulturkreis auch die Vandalen oder Burgunder zugeschrieben. Nur sehr wenige Verzierungselemente auf der freigeformten Keramik und einige Fibelformen deuten eine kleine und punktuelle Verbdinung zu den frühen Alamannen an. 3. Rhein-Weser-Germanen: Es handelt sich um eine Sammelgruppe aus ganz unterschiedlichen und zum Teil historisch überlieferten Stämmen, die aber dagenen aus archäologischer Sicht eine recht einheitliche Sachkultur besitzen. Diese archäologische Kulturgruppe lässt sich in einem Streifen lokalisieren, der von Nordwestdeutschland bis nach Franken zieht. Im Westen grenzt sie an den Rhein und im Osten bis an den Thüringer Wald. Die Verbindung der frühen Alamannen zeigen sich vereinzelt in Formen und Verzierungen der freigeformten Keramik. Ethnogenese der Alamannen nach einer Modellvorstellung von
H. W. Böhme. So bilden insgesamt drei archäologisch und historisch fassbare Gruppen den Verbund der Alamannen Das Thema ist für das Verständnis der frühen Alamannen sehr wichtig, doch gestaltet sich die Erfassung der Teile und Prozesse der Ethnogenese als überaus komplex. Neben den aufgezeigten Elementen archäologischer Sachkultur beinhaltet das Vertsändnis auch Bereiche die Lebensumstände und Verhaltensweisen wiederspiegeln. So gibt H. W. Böhme ein Modell, welches die Beteiligung von drei Gruppen an der Ethnogenese der Alamannen zeigt: Romanisierte Germanen, die schon lange im Imperium lebten und sich der römischen Kultur angepasst haben (Teil der sogenannten Romanen), kleine Gruppen (sogenannte Kriegerbünde) die im Vorfeld der römischen Grenzen lebten und regelmäßig Vorstöße ins Innere des Imperiums wagten (vgl. Hortfunde von Neupotz oder Hagenbach) und zuletzt friedliche Siedler, die offenbar aus dem Inneren Germaniens kamen, sich im ehemaligen rechtsrheinischen Limesgebiet niedergelassen haben (wohl meist mit römischer Zustimmung) und differenzierte Kontakte zu den Römern pflegten. ..."Römer"... Germanische Funde aus dem Umfeld des römischen Kastells von Speyer. Eine Bügelknopffibel (A),
ein Halsreif (B) und eine freigeformte facettierte Schüssel (C)
Besonders wichtig ist es, die „außenpolitische“ Entwicklung nachzuvollziehen: Roms Grenzen lagen nahe am frühalamannischen Siedlungsgebiet und das Kontakt- und Konfilktpotenzial war entsprechend groß. Hierbei sind es aber nicht überprägte Schriftquellen mit hohen Niederlschag an Konflikten und negativen Bildern römisch-alamannischer Beziehungen die herangezogen werden, sondern die archäologischen Güter, die uns ein wesentlich differenzierteres Bild der Verhältnisse aufzeigen. Römische Waren bei den frühen Alamannen zeigen uns durchaus Handelskontakte oder persönliche Beziehungen. So liegen in vielen Gräbern wertvolle Terra Sigillata oder Glasgefäße, die aufgrund ihrer Anzahl und Qualität kein Raubgut waren, sondern verhandelt wurden. Auch in frühalamannischen Siedlungen sind solche Phänomene immer wieder anzutreffen und die Kontakte gehen sogar so weit, dass römische Gefäßformen jene der Alamannen direkt beeinflussten (vgl. u.a. K. Roth-Rubi, Drehscheibenkeramik vom Runden Berg bei Urach). Andererseits zeigen Gräber jenseits des Rheins oder Funde in spätantiken römischen Kastellen oder Burgi, dass germanische Söldner zumindest zeitweise in römischen Diensten standen. ..."Geschichte"... Am Ende der Dissertation kann ein Blick in die Zeit gewährt werden, die für die historische Entwicklung Südwestdeutschlands eine tiefgreifende Rolle gespielt hat. Die Bedeutung dieser Epoche für unsere Zeit wird nicht nur in den zahlreichen Mythen und Legenden fassbar, sondern ist- wie im Abschnitt "Alamannen" geschildert- auch heute noch aktiver Teil unseres modernen Lebens. ..."Öffentlichkeit" Nicht zuletzt stellt auch die Öffentlichkeitsarbeit ein Anliegen aller Projektbeteiligten dar und bildet daher ein wichtiges Aufgabenfeld innerhalb der Dissertation. So ist es nicht nur ein Ziel diese Homepage stets mit neuen Daten zum Projekt und der Forschung zu füllen, sondern vielmehr auch in Kolloquien und Vorträgen die Thematik Frühe Alamannen mit ihren historischen und archäologischen Facetten einem breiten Publikum zu vermitteln und - unter dem Stichwort "Netzwerken" - durch regen Austausch mit Öffentlichkeit und Fachleuten das Projekt voranzubringen. Die Bearbeitung des archäologischen Materials bietet die seltene Chance, eine wesentliche Epoche in der Geschichte des Arbeitsgebietes neu zu bewerten. Heute ist es, aufgrund der in den vorausgegangenen Abschnitten geschilderte Quellen- und Materialbasis im Bearbeitungsgebiet möglich, detaillierte Fragen an diese in weiten Teilen unerforschte und „dunkle Zeit“ der frühen Alamannen heranzutragen und strukturiert an Prozesse der kulturellen Identitätsbildung heranzugehen. Darüber hinaus bilden die Analyse und das Verständnis der soziokulturell-historischen Prozesse sowie die Wechselwirkungen der Alamannen mit ihrem naturräumlichen und politischen Umfeld einen zentralen Punkt dieser Arbeit. Welche Rolle spielen die Alamannen für die römisch-germanische Geschichte? Besonders wenn dabei vor Augen gehalten wird, dass die Alamannen Mittler zwischen zwei prägenden Epochen darstellen: Sie schließen die Lücke zwischen römischer Antike und dem Mittelalter. Umso wichtiger ist dieser Übergang, da der Kontakt verschiedener kultureller Gruppen in einer gemeinsam genutzten und beeinflussten Region zu starken Wechselwirkungen führte: Rom wurde einerseits „germanisiert“, andererseits aber wurden die Germanen/Alamannen auch romanisiert. So wurden durch die Prozesse zwischen 3. und 5. Jahrhundert durch die Verschmelzung verschiedener kultureller Prägungen die Grundlagen für die kulturelle Identität Südwestdeutschlands gelegt. | |||
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Überblick über einzelne Ziele und Etappen | |||
An dieser Stelle ein kurzer Überblick über die absehbaren mittel- und langfristen Ziele des Projekts (Stand Februar 2011): | |||
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