Dissertationsprojekt Sven Jäger, M.A.

Frühe Alamannen zwischen Rhein, Neckar und Enz

Arbeitsfeld

Kleinregionen & Naturraum Fundplätze    

Für einen schematischen geographischen Überblick des Arbeitsfelds bietet es sich an das Gebiet durch die großen modernen Verkehrsadern zu umreißen. Schaut man auf eine Straßenkarte, so wäre das Gebiet grob durch die Autobahnen A5 im Westen, A8 im Süden, A81 im Osten und A6 im Norden begrenzt. Da allerdings diese Straßen kaum einen geschlossenen Siedlungsraum abgrenzen ist es notwendig, sich an naturräumlichen Gegebenheiten wie Gebirgen, Tälern oder Flüssen zu orientieren. So bietet es sich hier an die markanten Flüsse Nordbadens bzw. Nordwürttembergs, dem Rhein im Westen, dem Neckar im Norden und die Enz im Süden als Begrenzung des Arbeitsgebiets zu wählen. Hierdurch finden sowohl naturräumliche Grenzen Beachtung, wie auch verkehrgeographische Aspekte, welche das Leben innerhalb der umrissenen Region deutlich beeinflussten.

Topographische Karte des Arbeitgebietes

So ist im Titel "Frühe Alamannen zwischen Rhein Neckar und Enz" das Arbeitsgebiet im Großen und Ganzen umfasst. Vorab war es bei den Überlegungen zur Wahl des Arbeitsgebietes wichtig keine modernen und politischen Verwaltungsräume zu wählen, sondern eine zusammenhängende geographische Landschaft, um möglichst ein naturräumliches Siedlungsgebiet erfassen zu können. Bei der Untersuchung werden jedoch an den Flussläufen keine harten Grenzen gezogen. Denn diese Flüsse waren nicht immer abgrenzende Faktoren, sondern trugen zu allen Zeiten auch als Handels- und Verkehrswege verbindenende Elemente. So sollen auch - sofern für die Arbeit sinnvoll - die angrenzenden frühalamannischen Siedlungspunkte im Neckartal, Enztal und der Oberrheinebene mit in die Untersuchung einfließen.

Politisch betrachtet ist das Arbeitsfeld in zwei Bereiche gegliedert. Im Westen der Regierungsbezirk Karlsruhe, im Osten der Regierungsbezirk Stuttgart. Denkmalpflegerisch betrachtet liegen die Verantwortungen in den entsprechenden Denkmalbehörden der jeweiligen Regierungspräsidien. Die Grenze beider Bezirke verläuft grob entlang einer Nord-Süd Achse Haßmersheim, Sinsheim, Eppingen, Vaihingen a. d. Enz. Insgesamt umfasst das Bearbeitungsgebiet Teile von 10 Stadt- und Landkreisen. Die Größe des Arbeitsgebietes beträgt etwa 3.600 km2. Im Vergleich: Fläche von Baden-Württemberg beträgt ca. 36.000 km2.




Kleinregionen und Naturräume im Arbeitsgebiet
Das Arbeitsgebiet mit der Lage der naturräumlichen und historischen Landschaftsbezeichnungen
Das Arbeitsgebiet im Verhältnis zur Lage des Kraichgaus, wie er heute verstanden wird

In das Arbeitsgebiet sind mehere Kleinregionen eingeschlossen. Dies sind die zentral im Arbeitsgebiet liegenden Gäulandschaften Kraichgau und Zabergäu, das südliche Rhein-Neckar Gebiet, die Oberrheinebene zwischen Mannheim und Ettlingen, das Enztal, das Neckartal zwischen Bietigheim und Heidelberg, der kleine Odenwald südlich des Neckars zwischen Heidelberg und Mosbach sowie das Unterland westlich von Heilbronn. Dabei ist die Bezeichnung für den Kern und größten Teil des Bearbeitungsgebietes, der Kraichgau, für das heute darunter verstandene Gebiet modern und wird als Sammelbezeichnung für die Region zwischen Pforzheim, Heidelberg, Bruchsal und Heilbronn genutzt.

Ursprünglich wurde nur jener Teil als Kraichgau bezeichnet, der zum Einzugsgebiet des Kraichbaches gehörte. Ein Teil des Kraichgaus zählt gleichzeitig noch zum Heilbronner Unterland. Die übrigen Gebiete gehörten im Süden entlang der Elsenz zum Elsenzgau, dem Pfinzgau entlangder Pfinz, dem Enzgau entlang der Enz oder dem Gartachgau entlang der Gartach. Orte im Gebiet des Leimbaches wurden noch zum Lobdengau gerechnet, welcher seinen Namen von der Stadt Ladenburg/Lopodunum bezieht. Die Gaubezeichnungen sind allerdings unterschiedlichen ursprungs. Einserseits werden mit dem Begriff Gäu im Sprachgebrauch die fruchtbaren Lößlandschaften bezeichnet. Andererseits werden aber mit Gau auch Verwaltungsbezirke (Gaue), die auf mittelalterliche Strukturen zurückzuführen sind, bezeichnet. Oft wird die Bezeichnung sogar auf eine politische Siedlungsgemeinschaft der Germanen zurückgeführt. Gaubezeichnungen dieser Bedeutung werden allerdings nur selten genutzt. So finden die Begriffe Lobdengau, Pfinzgau, Neckargau, Enzgau oder Elesenzgau als vergangene Verwaltungsgebiete heute kaum noch eine Reflektion in der alltäglichen Sprache.

Die zentralen Gäu-/Gaulandschaften:
Wichtigstes bzw. markantestes Merkmal der Gaulandschaften des Arbeitsgebietes ist die starke landwirtschafliche Nutzung in einer beinahe waldfreien Region. Daher erklärt sich im landschaftlichen wie landwirtschaftlichen Sinne auch die Namensgebung von Kraichgau, Zabergäu etc., da hier eine ebene, baumarme Landschaft mit fruchtbaren Böden durch Lössablagerungen vorliegt. Archäologische Funde deuten auf eine Besiedlung ab der Mittelsteinzeit hin. Besonders stark wurde das Gebiet in der späten Bronzezeit, der frühen Eisenzeit und während der römischen Kaiserzeit genutzt. Seit dem frühen Mittelalter ist die Region kontinuierlich und spätestens ab dem hohen Mittelalter dicht besiedelt.
Das Zabergäu im Westen des Bearbeitungsgebietes wird durch den Lauf der Zaber dominiert. Der Bachlauf wird durch Hochflächen begleitet, deren fruchtbare Lößauflagen mehrere Meter mächtig sein können. Durch die im Norden und Süden anschließenden Höhenzüge des Strombergs und Heuchelbergs entsteht ein Mikroklima, welches der Region angenehme Temperaturen und viele Sonnentage beschert. Der Kraichgau nördlich und westlich des Strom- und Heuchelbergs ist durch seine leicht hügelige und sanft gegliederte Landschaft gekennzeichnet. Diese ist durch die Bachläufe der Kraich, der Elsenz und der Lein gekennzeichnet. Die Region ist wie das Zabergäu in weiten Teilen durch mächtige Lößschichten bedeckt, die durch die starke Erosion besonders in den Geländesenken stark ausgeprägt sind. Zwischen den Lößgebieten finden sich immer wieder auch Inseln von Keupermergel, welche weniger fruchtbar sind, kaum landwirtschaftlich genutzt werden und auf denen darum zumeist kleine Laubwälder stehen.

Die Flusslandschaften:
Die Flußläufe des Oberrheins, der Enz und des Neckars mit ihren Tälern bilden die Randzonen des Bearbeitungsgebietes. Das gesamte Neckartal besitzt fruchtbare Auenlehme, Lößböden, angenehme Temperaturen und günstige Niederschlagsmengen. Zwischen Heidelberg und Mosbach schneidet der Neckar durch den Odenwald. Besonders eindrucksvoll öffenet sich diese Situation aus der Rheinebene betrachtet auf Heidelberg blickend. Dort ragen die beiden Bergkuppen von Heiligenberg und Königsstuhl knapp 300 bzw. 450 Meter aus der Rheinebene empor, während der Neckar zwischen beiden Höhen seinen Weg bahnt. Das Tal des stark mäandrierenden Neckars ist zwischen Heidelberg und Heilbronn an einigen Stellen kaum mehr als ein paar hundert Meter breit, weshalb die Situation sehr beengt ist. Landwirtschaftliche Nutzflächen sind grundsätzlich rar und durch die verkehrsräumliche Nutzung des Tals (Straßen und Bahnlinien) wird diese Situation heute noch verschärft, obwohl sich dort nährstoffreiche und für de Ackerbau gut geeignete Böden finden. Dagegen bietet zwischen Heilbronn und Bietigheim die Neckarebene optimale Bedingungen für die Landwirtschaft.
Der Oberrheingraben zwischen Heidelberg und Karlsruhe, innerhalb des Arbeitsgebietes auch Hardtebene genannt, gehört als Naturraum mit zu den wärmsten und sonnenreichsten Regionen Deutschlands. Zusammen mit reichlichem Niederschlag, der an der weit aufragenden Geländekante des Kraichgaus abregnet, bieten sich hier trotz der in der Regel nährstoffarmen und sauren Böden der Schotterflächen recht günstige Bedingungen für die Landwirtschaft. Besonders die Berghänge des kleinen Odenwaldes oder die Hänge des Kraichgaus werden intensiv für Wein- und Obstanbau genutzt.

Die Berge:
Im Norden des Bearbetungsgebietes liegt zwischen Heidelberg und Mosbach der sogenannte "Kleine Odenwald", welcher durch den Neckar vom nördlich liegenden Odenwald abgetrennt ist. Dabei erhebt sich der Höhenzug beeindruckend über die Rheinebene, das Neckartal und den Kraichgau. Der Königsstuhl bei Heidelberg ist mit seinen 567,8 m ü. NN die höchste Erhebung dieses kleinen Gebriges. Insgesamt ist diese Region ackerwirtschaftlich wenig interessant, da sich kaum größere bewirtschaftbare Flächen bieten. Hingegen bilden Viehwirtschaft und Fortstwirtschaft wichtige Sparten. Der im kleinen Odenwald anstehende Buntsandstein führte spätestens ab dem hohen Mittelalter zur Etablierung mehrerer Steinbrüche, doch für die Frühgeschichte ist, anders als im Pfälzer Wald, ein gezielter Abbau nicht zu belegen. Diese ökonomischen Gegebenheiten sind auch Gründe für die erst spät einsetzende systematische Aufsiedlung, die erst ab dem hohen und späten Mittelalter zu fassen ist. Im Süden geht das Gestein allmählich in Muschelkalk über. Dort beginnt der Kraichgau.
Zwischen Kraichgau und Zabergäu liegen die Höhenzüge des Stromberg und Heuchelberg. Der höchste Punkt des nördlich liegenden Heuchelbergs ist der Heidelberg mit 335,9 m ü. NN, der höchste Punkt des Strombergs ist der Baiselberg mit 476,6 m ü. NN. Diese Höhenzüge stellen eine Muschelkalk und Keuperinsel in der Lößumgebung der Gäulandschaften dar. Besonders die Höhen und Nordhänge sind bewaldet, die Südlagen werden heute größtenteils für Weinbau genutzt. Früheste Besiedlungen lassen sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen und auf dem Otilienberg ist ein großer Hallstattzeitlicher Ringwall zu bestaunen.

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Archäologisches Arbeitsfeld und Fundplätze

Neben den geographischen Absteckungen des Arbeitsfeldes war es notwendig inhaltlich auch archäologische Grenzen zu ziehen. Freilich ist es Inhalt der Arbeit die frühalamannische Epoche zu bearbeiten, doch ist es hierbei auch notwenig an jedem Fundplatz die tangierenden Zeitstufen mit in die Überlegungen einzubeziehen. Dies bedeutet insbesondere, dass die vorausgegangene fortgeschrittete römische Mittelkaiserzeit wie auch die nachfolgende protomerowingische und merowingische Zeit betrachtet werden müssen, um für das Arbeitsgebiet ein schlüssiges Bild der Besiedlung vom 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. erarbeiten zu können.

Über diese chronologische Eingrenzung hinaus ist es notwendig eine sinnvolle Auswahl der heranzuziehenden archäologischen Quellen zu bewerkstelligen. Dabei gilt es im Rahmen der zeitlich und finanziell bregrenzten Dissertation die Wahl so zu treffen, dass mit angepasstem Aufwand möglichst viele neue Informationen gewonnen werden können. Im Kern gilt es dabei folgende Quellengattungen in die Überlegung mit einzubeziehen: Die Grabfunde, die Hort-/Depotfunde, die Siedlungsfunde und die Lese-/Sammelfunde.

Obwohl viele Gräber als Altfunde zu bewerten sind, so ist doch der Forschungs- wie auch der Publikationsstand zu den wenigen im Arbeitsgebiet liegenden Grabfunden durch Arbeiten von Helga Schach Dörges, Ursula Koch und Claudia Theune-Vogt sehr gut. Hort- oder Depotfunde, wie beispielsweise das Werkzeugdepot aus Osterburken, sind aus dem Arbeitsgebiet nicht bekannt. Bislang ist einzig ein kleiner Münzschatzfund der zweiten Hälfte des 4. Jahrhudnerts n. Chr. aus Bruchsal zun vermerken. Siedlungsfunde sind (Stand 2011) kaum publiziert und abgesehen von den frühalamannischen Siedlungsplätzen von Oberderdingen-Flehingen und Pforzheim unbearbeitet. Doch ist nach mündlichen Hinweisen, Museumsbesuchen, Aktenstudien in den Denkmalämtern und Hinweisen in der Literatur zu schließen, dass es sich dabei um eine Forschungslücke handelt. Zufalls- oder Lesefunde sind oftmals vermerkt, wobei es sich aber in der Regel kaum um mehr als eine Hand voll Scherben bzw. um einzelne Trachtbestandteile handelt.

Es ergibt sich, dass die ergrabenen Siedlungen eine herausragende Basis für die Arbeit darstellen, die durch die zahlreichen vermerkten Lese-/Zufallsfunde und die umfangreich publizierten Grabfunde ergänzt werden. Hort-/Depotfunde spielen aufgrund ihres Fehlens im Arbeitsgebiet keine Rolle. Heute stehen im Arbeitsgebiet durch die Ausgrabungsaktivitäten der letzten 25 Jahre mehrere Siedlungskomplexe zur Verfügung, die aufgrund des reichhaltigen Befund- und Fundmaterials besonders wertvoll für die Arbeit sind. Es handelt sich um die Fundplätze Wiesloch am Rande des Kraichgaus, Güglingen im Zabergäu, Bad Rappenau-Bastadt im östlichen Kraichgau, Gemmrigheim im Neckartal, Pforzheim an der Enz und Oberderdingen-Flehingen. Letztere zwei sind schon ausgewertet.

Das Alte Rathaus von Güglingen vor der Renovierung. Heute beheimatet es im sanierten Zustand das Römermuseum von Güglingen

Der Siedlungsplatz von Wiesloch liegt im Areal des römischen Vicus. Heute ist das Gebiet nördlich des Leimbaches im Umkreis des ehemaligen Staatsbahnhofes zu lokalisieren. Aufgrund der intensiven Baumaßnahmen war das Erdreich in den Grabungsflächen der Jahre 1989 bis 1996 stark gestört und eine komplette Erfassung des Vicus war nicht möglich. Hinzu kommt durch die Lage am Leimbach eine starke Erosion was den Erhaltungszustand der Befunde und Funde verschlechterte. Darum besitzt Wiesloch das geringste frühalamannische Fundaufkommen der neu zu bearbeitenden Fundplätze.
In Güglingen liegen die frühalamannischen Befunde innerhalb der römischen Siedlung. Anders als in Wiesloch war es in Güglingen innerhalb eines kaum gestörten Ackerbereichs möglich über einen längeren Zeitraum eine zusammenhängende Fläche auszugraben. So konnten durch die Arbeiten beinahe das komplette Siedlungsareal ausgegraben und dabei eine große Menge an frühalamannischen Funden geborgen werden.
In Babstadt liegen die frühalamannischen Befunde im Bereich eines römischen Gehöfts (Villa rustica). Bei den Ausgrabungen, welche in weiten Teilen durch ehrenamtliche Helfer durchgeführt wurden, konnte ein großer Teil des zentralen Villenareals samt Beigebäuden und Kalkbrennofen aufgedeckt werden. Dabei stieß man immer wieder auch auf frühalamannische Befunde, welche am Ende eine beachtenwerte Menge Fundmaterial bargen.
In Gemmrigheim fanden sich unweit des Neckars während einer kurzen und sehr kleinen Notbergung Reste eines römischen Kalkbrennofens. Überaschenderweise trat bei der Bearbeitung des Kalkbrennofens viel frühalamannisches Fundmaterial zutage.

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